Die Standeserhöhung zum preußischen Fürsten
<1>
Die Familie zu Salm-Reifferscheidt mit ihren beiden Linien zu Bedburg und Dyck zählte im Ancien Régime zu den wenigen reichsunmittelbaren Adelsfamilien in den niederrheinischen Territorien. Im Vergleich zu den ebenfalls reichsunmittelbaren Grafen von Quadt-Wickrath oder den Grafen von Schaesberg führte die Familie zu Salm-Reifferscheidt einen besonderen Grafentitel: den Titel eines Altgrafen. Dem aus dem Ort Niedersalm in den Ardennen stammenden Niklas von Salm dem Älteren (1459–1530)
<2>
Gerade als in Frankreich die Titel und Vorrechte des Adels abgeschafft worden waren, erlangte Altgraf Sigismund aus der Bedburger Linie von Kaiser Leopold II. die persönliche Reichsfürstenwürde (Privileg vom 7. Oktober 1790), die aber nur an den Erstgeborenen vererbt werden durfte. Da dieser Familienzweig die linksrheinische Grafschaft Reifferscheid
<3>
Die Dycker Linie der Altgrafen zu Salm-Reifferscheidt besaß zwar die reichsunmittelbare Grafschaft Dyck, doch die Besetzung Dycks durch die französischen Revolutionstruppen im Herbst 1794 bereitete allen Hoffnungen auf Erlangung der Reichsfürstenwürde zunächst ein abruptes Ende. Altgraf Joseph stellte sich im Gegensatz zur Mehrzahl seiner adligen Standesgenossen in den Rheinlanden der neuen politischen Konstellation, blieb in Dyck und suchte so seinen Besitz zu halten. In einem doppelten Spiel gelang ihm ein rechtlicher Balanceakt: Einerseits bestritt er gegenüber der französischen Militärverwaltung erfolgreich den reichsunmittelbaren Status Dycks (als in der Reichsmatrikel gelisteter Reichsstand hätte er im Verdacht gestanden, den Reichskrieg gegen das revolutionäre Frankreich mitfinanziert zu haben), um eine Enteignung zu verhindern, wie sie anderen Reichsständen – so den Grafen von Quadt-Wickrath oder den Grafen von Schaesberg – widerfuhr. Denn als bloßer Citoyen konnte er seinen umfangreichen Landbesitz, trotz entschädigungsloser Enteignung aller daran haftender Feudalrechte, behalten. Auf der anderen Seite erlangte er unter erheblichem juristischem Aufwand
<4>
Nach der Niederlage Napoleons, der Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck im Jahr 1809 die Würde eines Comte d'Empireverliehen hatte, stellte der während des Wiener Kongresses begründete Deutsche Bund die Rechte des ehemals reichsständischen Adels als sogenannte Standesherren unter der Souveränität seiner 35 Mitgliedstaaten wieder her (Artikel XIV der Bundesakte vom 8. Juni 1815). König Friedrich Wilhelm III. bestätigte kurz darauf diese standesherrlichen Rechte auch für Preußen. Mit Blick auf die ehemals französischen linksrheinischen Gebiete verfügte er jedoch: "In den durch den Frieden von Luneville vom 9. Februar 1801 von Deutschland abgetretenen und jetzt wieder damit vereinigten Provinzen werden bey Anwendung der obigen Grundsätze auf den ehemaligen unmittelbaren Reichsadel diejenigen Beschränkungen stattfinden, welche die dort bestehenden besondern Verhältnisse nothwendig machen. [...]."
<5>
Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der sich nun wieder Altgraf titulierte, ergriff nun erneut die Initiative. In engem brieflichen Kontakt zu Staatskanzler Hardenberg, mit direkten Eingaben an den König und mithilfe einer öffentlichen Denkschrift bemühte er sich intensiv um die Wiederanerkennung der reichsunmittelbaren Rechte Dycks und um den Zurückerhalt desjenigen Fürstentitels, der seinen Verwandten bereits 1790 von Kaiser Leopold II. verliehen worden war:
<6>
"Da aber Seine Majestät durch die Verordnung vom 21. Juny [1815] schon bewiesen haben, daß Allerhöchst Dieselben für gerecht halten, diesen rechtmäßigen Standpunkt wenigstens für diejenigen vormaligen Reichsstände, welche nun der preußischen Monarchie näher anzugehören das Glück haben, ungemein zu verbessern […]. Alle diese Gründe […] berechtigen ihn […] anzutragen, nämlich: Gleichstellung in Ansehung aller Rechts-Verhältnisse mit seinen ehemahls reichsständischen Agnaten des rechten Rheinufers […]."
<7>
Lediglich eines dieser Ziele, das der Standeserhöhung, erreichte Joseph schon sehr bald. Am 21. Mai 1816 teilte ihm Hardenberg brieflich mit: "Es gereicht mir zum besonderen Vergnügen, Euer Durchlaucht und Liebden benachrichtigen zu können, daß Seine Majestät, der König, auf meinen Vortrag allergnädigst geruht haben, Ihnen die Fürstenwürde zu verleihen." Friedrich Wilhelm III. gestand ihm dann am 28. Mai 1816 "aus besonderer Königlichen Gnade" den preußischen Fürstenstand zu.
Anmerkungen
Empfohlene Zitierweise
Hans-Werner Langbrandtner, Die Standeserhöhung zum preußischen Fürsten, aus: Martin Otto Braun, Elisabeth Schläwe, Florian Schönfuß (Hg.), Netzbiographie – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861), in: mapublishing, 2014, Seitentitel: Standeserhöhung (Datum des letzten Besuchs).