Der Park von Schloss Dyck

Rita Hombach

<1>

Am Stammsitz der Altgrafen und späteren Fürsten zu Salm-Reifferscheidt-Dyck entstand im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts einer der bedeutendsten privaten Botanischen Gärten in Deutschland. Er ist das Werk Josephs zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der ein ebenso leidenschaftlicher wie renommierter Botaniker und Pflanzensammler war.

<2>

Im Jahr seines Herrschaftsantritts in Dyck 1793 bestanden die Gartenanlagen neben einem kleinen Barockgarten lediglich aus Wirtschaftsflächen, wie Obst- und Gemüsegärten, Baumschulen, einem Acker, einer Weide und Waldstücken (Abb. 1). [1] Die ersten Veränderungen, die der junge Altgraf im Park durchführte, dienten dem Aufbau seiner Pflanzensammlung: Er ließ ein neues Gewächshaus errichten und pflanzte in den folgenden Jahren seltene fremdländische Gehölze, darunter den berühmten Ginkgo (Ginkgo biloba) (Abb. 2), der 1796 als einer der ersten seiner Art in Deutschland angesiedelt wurde. [2]

Abb. 1: Schloss Dyck mit seinen Gartenanlagen, kolorierte Karte der Reichsfreien Herrschaft Dyck von Joseph Otto, 1776 (Ausschnitt).
Rechte: Familie von Wolff Metternich zur Gracht

Abb. 2: Der 1796 gepflanzte Ginkgo (Ginkgo biloba) auf der Garteninsel, Fotographie um 1930.
Rechte: Familie von Wolff Metternich zur Gracht

Abb. 3: Plan der Gartenanlagen von Schloss Dyck aus dem Hortus Dyckensis von 1834, lithographiert von T. Emmerich.
Rechte: Familie von Wolff Metternich zur Gracht

<3>

Eine Umformung der Gärten in gestalterischer Hinsicht setzte erst um 1800 ein und erstreckte sich über mehr als drei Jahrzehnte. Funktion und Gestaltung des Parks waren währenddessen immer wieder Veränderungen unterworfen. [3] So erfolgte offenbar 1809 eine Neuorientierung, als Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck entschied,"Schloß Dyck nicht nur zum Sammelpunkte vieler Kakteenfreunde, sondern der Botaniker im allgemeinen zu machen". [4] Zunächst wurde der neue Botanische Garten anstelle des alten Barockgartens auf der Insel im Schlossweiher eingerichtet. Bei der Konzeption spielten nicht nur wissenschaftliche Kriterien eine Rolle, denn die regelmäßig angeordneten Beete für die Pflanzensammlung erhielten eine Umrahmung durch Rasenflächen mit Gehölzen und einen Blumengarten. An der Gestaltung des Inselgartens war Maximilian Friedrich Weyhe (1775–1846) beteiligt. [5] Der Düsseldorfer Hofgartendirektor war als Gestalter privater Gärten im Rheinland sehr gefragt und verfügte über ausgezeichnete Pflanzenkenntnisse. [6]

<4>

Mit einer umfassenden Neugestaltung des gesamten Parks betraute Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck 1819 den schottischen Botaniker und Gartenarchitekten Thomas Blaikie (1751–1838). [7] Der Kontakt war vermutlich in Paris zustande gekommen, wo der Fürst mit seiner Frau Constance regelmäßig die Wintermonate verbrachte. Blaikie lebte seit 1775 in Frankreich, wo er zahlreiche Gärten gestaltet hatte, darunter die Anlagen von Bagatelle und Monceau in Paris. In der Anlage eines Botanischen Gartens nach dem 'Natürlichen System' bestand der vorrangige, aber nicht ausschließliche Zweck der Neugestaltung. Denn nach dem Wunsch des Fürsten sollte er zugleich ein ästhetisches Kunstwerk bilden:

<5>

"Uebrigens hatte ich mir auch noch den Vorsatz genommen, meinem botanischen Garten […] eine viel grössere Ausdehnung zu geben und daraus einen Landschafts-Garten zu bilden, in welchem die Bäume und Sträucher, nach Familien und Geschlechtern gepflanzt, denjenigen Standort, der für sie am passendsten wäre, finden, und zu gleicher Zeit ein malerisches Ganzes ausmachen sollten."[8]

<6>

Blaikie gestaltete im Stil des Englischen Landschaftsgartens, dessen Prinzip die idealisierte Nachbildung der Natur ist. In Dyck gelang es ihm, nach dem Urteil seines Auftraggebers, die vorhandenen Möglichkeiten des Geländes voll auszuschöpfen und dessen besondere Vorzüge herauszustellen. [9] Dabei wurden die vorhandenen alten Buchen und Eichen dazu genutzt, die empfindlichen Gehölze der dendrologischen Sammlung in ihrem Schutz zu platzieren und diese so vor schädlichen Witterungseinflüssen zu bewahren. [10] Die Ausführung des Entwurfs wurde von Gartendirektor Wilhelm Funke (1790/91–1879) geleitet und erstreckte sich über die nächsten anderthalb Jahrzehnte, wobei auch gestalterische Ideen Funkes, des Fürsten und seiner Frau einflossen. [11]

<7>

Der von Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck 1834 veröffentlichte Hortus Dyckensis dokumentiert das Ergebnis der Gestaltung in drei Parkansichten und einem Gartenplan. Auf dem Plan (Abb. 3) wird die Gliederung der Gartenanlagen in verschiedene Zonen deutlich: die Garteninsel im Zentrum mit Gewächshäusern und Beeten (der "ursprüngliche Botanische Garten"), den Botanischen Garten im Stil des Englischen Landschaftsgartens (die "Botanischen Anlagen"), einen schlichteren Waldparkbereich im Nordwesten und verschiedene Nutzgärten im nordöstlichen Teil.

<8>

1 / 3
  • Großansicht:
    Abb. 4: Die Sichtschneise von der Schlossterrasse in den Park, Lithographie, 1834.
    Rechte: gemeinfrei
  • Großansicht:
    Abb. 5: Der Monopteros als Blickpunkt am Ufer des Schlossweihers, Lithographie, 1834.
    Rechte: gemeinfrei
  • Großansicht:
    Abb. 6: Der Blick auf Schloss Dyck von der Barockbrücke im Park, Lithographie, 1834.
    Rechte: gemeinfrei

Die Ansichten geben einen Eindruck der malerischen Bildkompositionen im Park. Durch die Auflösung der ursprünglich geraden Konturen von Wiesen- und Gehölzflächen in vor- und zurückschwingende Linien mit vorgesetzten Solitären wurden Kulissen geformt, die wie bei einem Bühnenbild mittels Staffelung Raumtiefe erzeugen (Abb. 4). Parkarchitekturen bilden von verschiedenen Standorten im Park aus einen reizvollen Blickpunkt (Abb. 5). Auch das Hochschloss wurde durch verschiedene Sichtschneisen in die Abfolge der Landschaftsbilder aufgenommen (Abb. 6).

<9>

Der Park wurde in der Folgezeit nur relativ wenig verändert. Anlässlich der Dezentralen Landesgartenschau 2002 wurden auf der Grundlage eines Parkpflegewerks in den Jahren 2001/02 Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. [12] So ist dieser Botanische Garten im Stil des Englischen Landschaftsgartens als 'begehbares Gemälde' noch heute erlebbar.
 

Anmerkungen

[1] Schloss Dyck mit seinen Gartenanlagen, kolorierte Karte der Reichsfreien Herrschaft Dyck von Joseph Otto, 1776, mit Kartenlegende. In: Archiv Schloss Dyck, Karte 129.

[2] Das noch heute existierende Gewächshaus wurde 1793 errichtet. Sabine Lepsky: Die "Orangerie" in Schloss Dyck: "... das sich die Sonne beßser fangen kann", in: Denkmalpflege im Rheinland 24 (2007), 1-10, hier: 5. Der Gehölzbestand, teils mit Angabe der Pflanzdaten, ist in einem handgeschriebenen Buch von Gartendirektor Adam Schipper aus dem Jahr 1935 verzeichnet. In: Archiv Schloss Dyck, ohne Signatur. Der Ginkgo fiel 1985 einem Sturm zum Opfer und wurde 2002 nachgepflanzt.

[3] Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck: Hortus Dyckensis oder Verzeichnis der in dem botanischen Garten zu Dyck wachsenden Pflanzen, Düsseldorf 1834, III. Ausführlich zur Entwicklungsgeschichte: Annette Hoffmann / Rita Hombach: Historische Quellenanalyse Schloss Dyck. Vervielfältigtes Typoskript, Köln 2000; Gerd Bermbach: Der Schlosspark Dyck in Jüchen. Parkpflegewerk, Nümbrecht 2001; Rita Hombach: Landschaftsgärten im Rheinland. Die Erfassung des historischen Bestands und Studien zur Gartenkultur des "langen" 19. Jahrhunderts (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland 37), 103-113. Zum Schlosspark als wissenschaftliche Pflanzensammlung: Sonja Geurts: Ästhetik und Naturwissenschaft im Spannungsfeld. Naturordnungen und Naturbilder in der Landschaftsgartenkunst des 18. und 19. Jahrhunderts, Uelvesbüll 2011, 235-244.

[4] Albrecht Hermes: Zur Erinnerung an den Fürsten Josef zu Salm-Dyck, in: Die Gartenwelt 13 (1909), 272-273, hier: 273. Außerdem war ein besonderer Dahliengarten geplant.

[5] Nachgewiesen ist seine Tätigkeit in Dyck für das Jahr 1816. Maximilian Friedrich Weyhe an Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, Düsseldorf, 6. Oktober 1816; und 15. Oktober 1816. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 29/7. Auch der Entwurf der Beete des Botanischen Gartens (vgl. Abb. 3) wird sehr wahrscheinlich von Weyhe stammen. Hierfür spricht die gestaffelte Anordnung der Beetflächen, insbesondere von Kreissegmenten, die für seine botanischen Anlagen typisch ist.

[6] Zum Werk von Weyhes: Margaret Ritter: Maximilian Friedrich Weyhe 1775–1846. Ein Leben für die Gartenkunst (= Quellen und Forschungen zur Geschichte des Niederrheins 7; = Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Düsseldorf 13), Düsseldorf 2007.

[7] Salm-Reifferscheidt-Dyck: Hortus Dyckensis (wie Anm. 3), VII. Zum Werk von Blaikies: Patricia Taylor: Thomas Blaikie (1751–1838). The 'Capability' Brown of France, East Linton 2001. Im Herbst 1819 hielt sich Blaikie erstmalig mehrere Wochen in Dyck auf, zeichnete einen Plan und verfasste Anweisungen, nach denen der Entwurf in seiner Abwesenheit weiter ausgeführt werden sollte. Sein zweiter Besuch erfolgte im Frühjahr 1820. Vgl. ebd.: Blaikie, 208.

[8] Salm-Reifferscheidt-Dyck: Hortus Dyckensis (wie Anm. 3), VII.

[9] Salm-Reifferscheidt-Dyck: Hortus Dyckensis (wie Anm. 3), VII.

[10] Salm-Reifferscheidt-Dyck: Hortus Dyckensis (wie Anm. 3), VII.

[11] Briefe von Wilhelm Funke an Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, zum Beispiel Dyck, 12. April 1824, Dyck, 23. April 1829, Dyck, 9. Februar 1834. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 31/6. In seinen Briefen, die hauptsächlich an Fürst Joseph, aber teils auch an seine Frau Constance de Salm gerichtet sind, bittet Funke um Anweisungen zur Gestaltung, äußert Vorschläge und berichtet von ausgeführten Gestaltungsmaßnahmen, die auf eigenen Ideen beruhen.

[12] Bermbach: Schlosspark Dyck (wie Anm. 3).

Empfohlene Zitierweise
Rita Hombach, Der Park von Schloss Dyck, aus: Martin Otto Braun, Elisabeth Schläwe, Florian Schönfuß (Hg.), Netzbiographie – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861), in: mapublishing, 2014, Seitentitel: Landschaftsgarten (Datum des letzten Besuchs).