"Quel titre font-il que j'y prenne?" Die Entscheidung gegen die Emigration im Jahr 1794 und ihre langfristigen Folgen
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Die französische Herrschaft über das Rheinland begann mit dem Einmarsch der Revolutionstruppen im Jahr 1794. Da die langfristigen Folgen dieser höchst angespannten Situation für den ansässigen Adel nicht abschätzbar waren, fielen dessen Reaktionen unterschiedlich aus.
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Sein durchaus wagemutiges Verweilen sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der junge Altgraf angesichts dieser weitreichenden Entscheidung Phasen großer Verunsicherung durchlebte, musste er doch zwischenzeitlich empfindliche finanzielle Verluste durch die Sequestrierung seiner Ländereien erdulden sowie auf seine vormaligen Privilegien und Adelstitel verzichten.
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Beim Einfinden in diese neue Rolle halfen ihm sicherlich auch seine guten Beziehungen zu den neuen Machthabern im Rheinland. So hatte er bereits 1794 direkten Kontakt zu den Generälen Bernadotte, Contade, Coland, Kleber und Lefebvre.
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Im Schreiben an von Schenk, das aus Paris abgesandt worden war und auf den fünften November 1801 datiert, stand die zu diesem Zeitpunkt noch immer schwelende Frage nach der Entschädigung für den Verlust seiner Güter im Vordergrund.
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"Dans ce moment où selon toutes les apparences, nous touchons au dénouement de la longue intrigue qui tient notre éxistence en suspend, je crois ne devoir négliger aucun des moyens que la prudence et la nécéssité suggeront."
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Aus demselben Grund hatte er bereits Kontakt mit der französischen Regierung bzw. Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (1754–1838) aufgenommen
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"Je suis assuré de la conservation de mes biens fonds sur la rive gauche du Rhin, où j'ai acquis les droits de citoyen français; je puis donc, sans crainte, poursuivre mes réclamations en indemnité: Quant à la marche à suivre j'ai voulu connaitre l'opinion du Gouvernement, et le Ministre des rélations extérieures m'a dit que, bien que ma position fut différente de celle des autres intéressé, je ne devais pas moins suivre la marche générale, et envoyer un mémoire, bien détaillé à Ratisbonne. Je lui fis observer, que peut-être mes réclamations seraient recues moins favorablement, va que ma qualité de citoyen français n'était pas infiniment recommandable à Ratisbonne: il ne repondit que cette qualité me voudrait la protection de la France, et que je n'avais qu'à lui remettre mon mémoire; […]."
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Wie diese Passage zu erkennen gibt, war sich Joseph durchaus der Schwierigkeiten bewusst, die seine französische Staatsbürgerschaft bei den Verhandlungen auf dem Immmerwährenden Reichstag in Regensburg mit sich bringen konnte. Wohl gerade aus diesem Grund wollte er sich bei der Abfassung des erwähnten "mémoires" keinerlei Fehler erlauben. Dass er sich gegen Ende des Jahres 1801 ausgerechnet an den "Bayern" von Schenk wandte, ist hinsichtlich des Zeitpunktes wohl kein Zufall, hatte Bayern doch mit Frankreich bereits am 24. August 1801 den Vertrag von Paris unterzeichnet, der auch die Entschädigungsfrage regelte. Joseph konnte also darauf hoffen, bei von Schenk Auskünfte zu erhalten, die sich in der Praxis bereits bewährt hatten. Hilfesuchend schrieb er daher an von Schenk:
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"Je suis embarassé maintenant de la redaction de ce mémoire: Je ne connais point la forme usitée, ni la degré et étendu que je dois lui donner. Le ministre m'a bien dit que ce devait être un mémoire à plaider; il foudra donc appuyer chaque point de tout les documents nécéssaires, mais font-il le rediger en Allemand, font-il l'adresser à la diète? Voila ce qui j'ignore. Quel titre font-il que j'y prenne? En un mot Monsieur, vos avis me sont plus nécessaires que jamais, et si vos occupations vous permettent de consacrer quelque loisirs à repondre à mes questions, vous m'obligerez sensiblement en me donnant de vos nouvelles. [...] pour le cas presser, je vous indiquerai mon adresse directe."
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Seine Bemühungen um den Besitzerhalt seiner Güter bzw. eine angemessene Entschädigung sollten mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 letztlich von Erfolg gekrönt sein. Überaus hilfreich war ihm dabei ein weitgespanntes gesellschaftliches Netzwerk, das er virtuos zu seinen Zwecken einsetzte. Die von der französischen Regierung gewährte "Frankfurter Rente" war zumindest finanziell ein Gewinn für Joseph.
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Dieser Umstand macht im Zusammenspiel mit Josephs erster Ehe und dem Brief an von Schenk deutlich, dass der Entscheidungsprozess Josephs für ein Leben als (insgeheim durchaus standesbewusster) "Citoyen" letztlich nicht auf das Jahr 1794 begrenzt blieb. Vielmehr erforderte diese Strategie – auch auf Kosten familiärer Bindungen – jahrelange Bestätigungen, deren Folgen noch in der preußischen Zeit mit allen notwendigen Mitteln der Vorsicht zu meistern waren. Gewinn- und Verlusterfahrungen gingen somit nicht nur in materieller Hinsicht oftmals Hand in Hand.
Anmerkungen
Empfohlene Zitierweise
Martin Otto Braun, "Quel titre font-il que j'y prenne?". Die Entscheidung gegen die Emigration im Jahr 1794 und ihre langfristigen Folgen, aus: Martin Otto Braun, Elisabeth Schläwe, Florian Schönfuß (Hg.), Netzbiographie – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861), in: mapublishing, 2014, Seitentitel: Emigration (Datum des letzten Besuchs).