Hochzeit in der Familie

Monika Gussone

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Aus der Zeit der Vorfahren Josephs zu Salm-Reifferscheidt-Dyck sind zahlreiche, teils sehr umfangreiche Eheverträge erhalten, die einerseits die Ausstattung der Braut und die vom Bräutigam zu leistende Widerlage festlegten. Andererseits regelten sie die Versorgung der Witwe und der minderjährigen Kinder bzw. die Verteilung des Erbes im Falle des Todes des Grafen und die Erbansprüche der Familien der Ehepartner für den Fall, dass sie kinderlos blieben. Über die rechtliche Seite ihrer Eheverbindungen in der Frühen Neuzeit ist daher recht viel bekannt. [1] Auch Altgraf Joseph schloss sowohl mit seiner ersten Ehefrau, der Gräfin Maria Theresia von Hatzfeldt-Schönstein, als auch mit Constance de Pipelet geborene de Théis, seiner zweiten Frau, Eheverträge ab. [2] Wesentlich magerer stellt sich die Quellensituation jedoch dar, wenn man Näheres über die konkrete Vorbereitung oder den Ablauf der Hochzeitsfeierlichkeiten in dieser Familie erfahren möchte. [3]

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Die Hochzeit als Voraussetzung für die Weiterführung der Familie stellte im adligen Leben ein zentrales Ereignis dar. Nachdem über Mittelspersonen geeignete, vor allem standesgemäße Ehepartner gefunden waren, wurde der rechtliche Rahmen der Verbindung festgelegt. Dem Abschluss des Ehevertrags gingen in der Regel mehrere Treffen an unterschiedlichen Orten zwischen den Brautvätern oder ihren Vertretern und Zeugen voraus, wie es 1567 bei der mehrmonatigen Aushandlung der Einzelheiten vor der Eheschließung von Graf Werner zu Salm-Reifferscheidt (1545–1629) und Maria von Limburg-Styrum (†1637) der Fall war: Deren Unterhändler trafen sich wenigstens in Bonn, Moers, Brauweiler, Friemersheim ("Vremersheim") sowie mehrfach in Knechtsteden und im Nikolauskloster nahe Schloss Dyck. [4] Durch die Unterzeichnung und Besiegelung des Ehevertrags waren die Ehepartner erst verlobt. Bevor sie ihren gemeinsamen Wohnsitz beziehen konnten, musste die kirchliche Hochzeit erfolgen. [5]

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Abschluss des Ehevertrags und kirchliche Zeremonie konnten unmittelbar aufeinander folgen. Bei Altgraf Joseph und seiner ersten Frau fand beides am 3. Oktober 1792 statt. Ihr Ehevertrag betont, dass sie sich verpflichtet hätten, "solche, ihre eingegangene Verbindung christkatholischem Gebrauche gemäs annoch heut durch die priesterliche Einsegnung bestättigen zu laßen und sofort in Vollziehung zu bringen". [6] Zwischen der Unterzeichnung des Ehevertrags und der kirchlichen Trauung konnte aber auch eine längere Zeitspanne liegen, beispielsweise weil bestimmte Zeiten im Jahr für Hochzeitsfeierlichkeiten nicht infrage kamen oder wenn Braut oder Bräutigam das heiratsfähige Alter noch nicht erreicht hatten. [7] Denn die Ehe erlangte erst durch ihre tatsächliche "Vollziehung" nach der kirchlichen Heirat Gültigkeit, und erst nach der Hochzeitsnacht wurde der Braut die Morgengabe überreicht. Im Ehevertrag von Altgraf Joseph und Maria Theresia heißt es: "Der Herr Bräutigam hat nicht minder die Fräulein Braut mit eintausend Gulden Morgengabe nach Morgengaberecht zu bezalen und ihr diese Morgengabe so gleich baar zu Händen zu stellen". [8] Dieser Vertragspunkt wurde umgehend erfüllt: Unter dem 9. Oktober sind die 1.000 Gulden im Dycker Rechnungsbuch verzeichnet. [9]

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Kirchliche Trauung und Hochzeitsfeier fanden traditionell am Wohnort oder im Stadtpalais der Familie der Braut statt, am Ort des Witwensitzes oder in ihrer Stiftskirche, wenn sie zuvor als Kanonisse gelebt hatte, und wurden in der Regel vom Brautvater ausgerichtet. Graf Ernst Friedrich (1583–1639) heiratete am 12. Juni 1616 Maria Ursula (†1649), verwitwete Gräfin von Blankenheim geborene Gräfin von Leiningen, in Blankenheim. Altgraf Franz Ernst (1659–1727) und Anna Franziska von Thurn und Taxis (†1763), Kanonisse in Münsterbilsen, wurden 1706 in der dortigen Stiftskirche getraut. [10] Altgraf Joseph und Maria Theresia von Hatzfeldt heirateten in Bonn in der Klosterkirche der Welschnonnen. [11] Die Hochzeitsfeier fand im nahe gelegenen Hatzfelder Hof (dem früheren Hof zum Goldstein) statt. [12]

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Über die kirchliche Trauung wurde eine Bestätigung des amtierenden Priesters ausgestellt, wie sie auch Josephs Eltern nach ihrer Hochzeit am 7. Februar 1769 in Wurzach erhalten hatten. [13] Nicht selten übergaben adlige Damen ihr Brautkleid einer Kirche, damit aus ihm Messgewänder oder Altarschmuck hergestellt werden konnten. Die bereits erwähnte Gräfin Maria Ursula ließ ihr Brautkleid, das aus mit Silberfäden durchzogener weißer Seide bestand und mit schwarzen Blüten bestickt war, zu einer Kasel und zwei Dalmatiken mit zugehörigen Stolen und Manipeln umarbeiten und schenkte diese dem Nikolauskloster. [14]

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Erst nach den meist mehrtägigen Hochzeitsfestlichkeiten zog die Braut feierlich in ihr neues Zuhause ein. Altgräfin Maria Augusta, die Mutter Altgraf Josephs, ließ verschiedene Räume auf Schloss Dyck für den Empfang ihrer Nachfolgerin, der neuen regierenden Altgräfin, von Juni bis August 1792 durch den Tapissier Reynaud aufwendig renovieren und neu ausstatten. [15] Vermutlich fand nach der Ankunft des Brautpaars auch auf Schloss Dyck ein festliches Hochzeitsmahl statt, denn am 9. Oktober wurde "den drei Köch von Bonn, so auf der Hochzeit hier [auf Schloss Dyck] gekocht, nemlich Herrn Eickhoff 10 Carolin, dem Hatzfelder Koch 3 Carolin und dem Koch aus der Hoffküchen auch 3 Carolin" gegeben. [16]

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Bei ihrer Ankunft in Dyck wurde die neuvermählte Altgräfin erstmalig der Bevölkerung vorgestellt. An diesem, für die gesamte Herrschaft bedeutenden Ereignis wirkten die Untertanen der Herrschaft mit. Vermutlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist ein ausführlicher Vorschlag für die Gestaltung des Einzugs eines Brautpaars in die Herrschaft Dyck überliefert. [17] Im 18. Jahrhundert war es zudem üblich, dass die Untertanen bei der Gelegenheit ein gereimtes Stück oder ein Gedicht verfassten und drucken ließen. Sowohl Josephs Eltern, Franz und Maria Augusta, als auch Joseph und Maria Theresia erhielten solch ein in Goldpapier eingebundenes Glückwunschheftchen. [18] Im Rahmen des feierlichen Einzugs von Josephs Eltern fand außerdem am 20. Februar 1769 ein kunstvolles Feuerwerk in Bedburdyck statt, von dem eigens eine Zeichnung angefertigt wurde. [19]

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Fürst Joseph heiratete, schon recht betagt, am 27. August 1842, vier Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau Maria Theresia (†1838) Constance de Salm noch kirchlich, wahrscheinlich in der Pfarrkirche Bedburdyck. Als Zeugen fungierten Fürst Alfred zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der Erbe Josephs, Félix de Francq, ein Enkel der Constance, und der Küster Johann Heinrich Esser. Wie das Verzeichnis der Pfarrkirche Bedburdyck es formuliert: 27ma [augusti] in bannis et aliis impedimentis rite dispensata sacramentali matrimonii benedictione gavisi sunt altissimus princeps Josephus Franciscus Maria Antonius Hubertus Ignatius Dominicus de Salm-Dyck 69 annorum circiter, viduus [...], et Constantia Maria baronissa de Theis, vidua [...], aetatis 75 annorum circiter coram illustrissimo principe Alfredo de Salm-Reifferscheid-Dyck et perillustri barone de Franq et aedituo Johanne Henrico Esser testibus, legi civili Lutetiae satisfactum est. [20] Die Situation, dass Fürst Joseph mit Constance de Salm mehr als vierzig Jahre lang nur eine zivilrechtlich gültige Ehe hatte führen können, wurde so beendet.
 

Anmerkungen

[1] Der älteste erhaltene Ehevertrag ist derjenige Graf Johanns VIII. zu Salm-Reifferscheidt mit Anna von Hoya vom 9. Juni 1505. In: Archiv Schloss Dyck, Sammlung zu Persönlichkeiten der Familie, Johann VIII. Graf zu Salm. Vgl. ausführlicher zur rechtlichen Seite adliger Eheverbindungen: Verena Ludwig / Monika Gussone: Eheverabredung und Heiratsvertrag, in: Gudrun Gersmann / Hans-Werner Langbrandtner (Hg.): Adlige Lebenswelten im Rheinland. Kommentierte Quellen der Frühen Neuzeit (= Vereinigte Adelsarchive im Rheinland e.V. – Schriften 3), Köln / Weimar / Wien 2009, 1-6; Wilhelm Brauneder: Art. "Güterrecht, eheliches", in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 4 (2006), 1195-1198, hier: 1195f.

[2] Ehevertrag mit Maria Theresia von Hatzfeldt-Schönstein, Bonn, 3. Oktober 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 442, 187-202; Ehevertrag mit Constance de Théis, Paris, 4. Dezember 1803. In: Archives Nationales de France, Minutier central des notaires parisiens, étude V, 901.

[3] Vgl. für eine ausführliche Beschreibung des Hochzeitsfests von Isabella Freiin von Gymnich und Graf Wolff Metternich zur Gracht: Hans-Werner Langbrandtner: Hochzeit, in: Gersmann / ders.: Adlige Lebenswelten (wie Anm. 1), 7-12.

[4] In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 408, 45, 49, 65-67, 71-80. Ein anderes Beispiel sind die Verhandlungen über eine Ehe zwischen Hermann Adolph zu Salm-Reifferscheidt und einer Tochter des Grafen (Philipp) von der Mark 1608, die nicht zustande gekommen ist: In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 458, 25-43.

[5] Gudrun Gersmann: Art. "Adelshochzeit", in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 1 (2005), 56-58, hier: 57; Beatrix Bastl: "Adeliger Lebenslauf". Die Riten um Leben und Sterben in der frühen Neuzeit, in: Adel im Wandel. Politik – Kultur – Konfession 1500–1700. Niederösterreichische Landesausstellung Rosenburg, 12. Mai – 28. Oktober 1990 (= Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 251), Wien 1990, 377-389, hier: 378-380.

[6] In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 442, 189.

[7] Gersmann: "Adelshochzeit" (wie Anm. 5), 57; Raphaela Tkotzyk / Monika Gussone: Biographische Quellen, in: Gersmann / Langbrandtner: Adlige Lebenswelten (wie Anm. 1), 200-205, hier: 202.

[8] In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 442, 191.

[9] Verzeichnis der vormundschaftlichen Cassa (1771–1793), 9. Oktober 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 72 (keine Seitenzählung).

[10] Taufbuch der Familie Salm-Reifferscheidt bis 1628 (Abschrift 19. Jahrhundert). In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 580, 37; und "Geburt- und Taufbuch der Herren Graffen und Fraulein zu Salm-Reifferscheidt etcae.". In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 582 (keine Seitenzählung). Vgl. Bastl: "Adeliger Lebenslauf" (wie Anm. 5), 380.

[11] Bescheinigung über die Trauung, Bonn, 2. November 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 504, 243-245, hier: 243.

[12] Jakob Bremer: Die reichsunmittelbare Herrschaft Dyck der Grafen, jetzigen Fürsten zu Salm-Reifferscheidt, Grevenbroich 1959, 199. Der Hatzfelder Hof lag in der Welschnonnenstraße. Josef Dietz: Topographie der Stadt Bonn vom Mittelalter bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit, 2. Hälfte (= Bonner Jahrbücher 17), Bonn 1963, 682-684. Maria Theresias Vater, Clemens von Hatzfeldt-Schönstein, war unter anderem kurkölnischer Geheimrat, Generalleutnant und Hauptmann der Leibwache zu Pferde. Vgl. Gedruckte Todesanzeige. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 40.

[13] Schreiben des Pastors Wiesen an Rentmeister Kerris und dessen Antwort, Bedburdyck, 18. Januar, und Dyck, 19. Januar 1799. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 411, 211-213; Bescheinigungen über die Trauung Josephs und Maria Theresias, Bonn, 2. November 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 504, 243-246; und Band 114, 505-507.

[14] Auflistung der Schenkungen der Maria Ursula an das Nikolauskloster. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Nikolauskloster – Liber defunctorum vetus, f. 67v-68r; Bastl: "Adeliger Lebenslauf" (wie Anm. 5), 380f.

[15] Rechnung des Tapissiers Renaud, o.O., 28. August 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 504, 251-254.

[16] Verzeichnis der vormundschaftlichen Cassa (1771–1793), o.O., 9. Oktober 1792. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 72 (keine Seitenzählung).

[17] Ohnmasgeblicher Entwurf. In: Archiv Schloss Dyck, Blaue Bände – Band 404, 437-448.

[18] In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Füst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 40. Das Gedicht zu Josephs und Maria Theresias Einzug ist zwar auf Juli 1794 datiert, der Inhalt passt aber nur zur Einführung der Braut in die Herrschaft.

[19] In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 40.

[20] Pfarrarchiv Bedburdyck. Verzeichnis der Verstorbenen und Eheschließungen der Pfarrei seit 1804, hier: Eheschließungen, 38. Vgl. Bremer: Herrschaft Dyck (wie Anm. 12), 199, mit einer falschen Jahresangabe und der nicht belegten Aussage, die Hochzeit habe auf Schloss Dyck stattgefunden.

Empfohlene Zitierweise
Monika Gussone, Hochzeit in der Familie, aus: Martin Otto Braun, Elisabeth Schläwe, Florian Schönfuß (Hg.), Netzbiographie – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861), in: mapublishing, 2014, Seitentitel: Hochzeit (Datum des letzten Besuchs).