Mitgliedschaft in Freimaurer-Logen

Martin Otto Braun

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In das Jahr der Aufnahme Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dycks in die Noblesse d'Empire, 1808, datiert der erste Beleg seiner Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge. Die französische Freimaurerei war durch die revolutionären Ereignisse von 1789 zunächst hart getroffen worden. Zur Zeit Napoleons gelangten die Logen jedoch zu neuer Blüte. Dies hing auch mit der gezielten politischen Nutzung der Freimaurerei durch das napoleonische Regime zusammen. An der Spitze des Grand Orient de France stand ab 1805 Archichancelier Jean-Jacques Régis de Cambacérès (1753–1824) als beaufsichtigender Großmeister. In den Logen des Empire versammelte sich insbesondere die neue Notabelnelite des Reiches und bekundete ihre Verbundenheit mit dem Kaiser der Franzosen.

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Josephs Aufnahme als affiliiertes Mitglied in die Pariser Loge Les Commandeurs du Mont Thabor am 20. Juni 1808 scheint auf den ersten Blick ebenfalls politisch motiviert. [1] Die genannte Loge bestand zu einem nicht geringen Teil aus Mitgliedern der Légion d'honneur und gehörte dem alchemistisch-hermetischen Hochgrad-Ritus des Rit écossais philosophique an. [2] Der Ehrengroßmeister der Loge war niemand Geringerer als der Großkanzler der Ehrenlegion, Bernard-Germain Comte de Lacépède (1756–1825). [3] Die eindrucksvolle freimaurerische "Karriere", die Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck in den folgenden Jahren innerhalb der französischen Hochgrad-Freimaurerei absolvierte, gleicht seinem Aufstieg in den "profanen" Ämtern des napoleonischen Staates.

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So ist für das Jahr 1810 die Aufnahme Josephs in den Grad eines Grand Écossais durch das Pariser Souverain Chapitre Métropolitain du Rit écossais philosophique belegt. [4] Im darauffolgenden Jahr 1811 wurde er sowohl in den ersten wie in den zweiten Grad des sogenannten Ordre Royal d'Heredom de Kilwinning im Hochgradkapitel der vornehmen Pariser Loge Du Choix aufgenommen. [5] Noch im selben Jahr erhielt er hier den Grad eines Chevalier Rose Croix. [6] Die Krönung seiner freimaurerischen Karriere bestand in der Erteilung des 32. Grades des insgesamt 33 Grade aufweisenden Rit écossais ancien accepté im Jahr 1812. [7] Mit diesem Aufstieg innerhalb der französischen Hochgrad-Freimaurerei gingen auch Aufsichtsfunktionen innerhalb des Bundes einher.

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Für das Jahr 1813 ist Josephs Wahl zum Vénérable, also zum Leiter der freimaurerischen Arbeiten der Loge Les Commandeurs du Mont Thabor, nachweisbar. [8] Auch in einigen rheinischen Logen sollte Salm-Reifferscheidt-Dyck während der napoleonischen Zeit wichtige Positionen einnehmen. So wurde er etwa im Jahr 1812 zum Deputierten der Aachener Loge La Concorde beim Grand Orient de France in Paris ernannt. Salm-Dyck sorgte maßgeblich für die Einführung des Rit écossais philosophique im Aachener Atelier wie auch in der Kölner Loge La Naissance du Roi de Rome. [9]

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Der Handlungsraum "Freimaurerei" spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle in Bezug auf die Erweiterung und Festigung seines auch zu politischen Zwecken nutzbaren Netzwerks innerhalb des Empire. Es muss in diesem Zuge allerdings beachtet werden, dass gerade die gedanklichen Inhalte der französischen Hochgrad-Systeme, und hier insbesondere des Rit écossais philosophique, den naturwissenschaftlichen Interessen Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dycks entgegenkamen. So waren einige seiner Pariser Logenbrüder, wie etwa Claude Antoine Thory oder auch der Comte de Lacépède, ambitionierte Naturforscher und Botaniker. [10]

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In der preußischen Zeit des Rheinlandes ist der Kontakt Josephs zu Freimaurerlogen zwar noch bis in die 1840er Jahre aktenkundig, jedoch ist kein aktives Engagement mehr nachweisbar. [11] Diese nachlassende Aktivität ist wohl als Folge einer bis dahin andauernden Krise der Freimaurerei in Preußen sowie des sich allmählich wandelnden Verhältnisses des Dycker Schlossherrn zur katholischen Kirche zu sehen. [12] Letztmalig ist der Besuch einer Freimaurerloge für das Jahr 1821 überliefert. [13] Salm-Dycks Tod in Nizza wurde offenbar auch durch die Aachener Freimaurerloge registriert, die den Fürsten bis zu seinem Lebensende als Ehrenmitglied in ihren Matrikeln führte. [14] Sie verzeichnete in ihrem Logen-Tableau aus dem Jahr 1861 den Eingang des Bruders Salm-Dyck in den "ewigen Osten". [15]
 

Anmerkungen

[1] Vgl. zum Affiliationsdatum Robert Bied: Le Rôle d'un salon littéraire au début du XIXe siècle: les amis de Constance de Salm, in: Revue de l'Institut Napoleon 113 (1977), 121-160, 138f.

[2] Vgl. hierzu Pierre Mollier: Les Débuts de la Légion d'honneur et la Franc-Maçonnerie, in: ders. (Hg.): La Franc-maçonnerie sous l'Empire: Un âge d'or?, Paris 2007, 61-78.

[3] Vgl. Mollier: Les Débuts (wie Anm. 2).

[4] Vgl. Urkunde zur Ernennung Josephs zu Salm-Reifferscheidt-Dyck zum Grand Écossais der Freimaurer, Paris, 16.04.5810 [= 16. Juni 1810]. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 49/5. Vgl. hierzu auch Margit Sachse: Als in Dyck Kakteen blühten... Leben und Werk des Dycker Schlossherrn Joseph Altgraf und Fürst zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773–1861), Pulheim 2005, 145. Die auf dem Umschlag des Dokuments angegebene Datierung auf den 16. April 1810 ist nicht korrekt, da das freimaurerische Jahr in den französischen Logen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit dem 1. März begann.

[5] Diese Angaben finden sich in den Archivalien des Chapitre du Choix, die derzeit für die Edition vorbereitet werden. Für die freundliche Übermittlung einiger Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck betreffender Auszüge danke ich Herrn Bernard Dat (Paris).

[6] Urkunde zur Aufnahme Josephs zu Salm-Reifferscheidt-Dyck in den Freimaurer-Orden, Paris, o. D. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 49/1. Dass die Aufnahme im Jahr 1810 bzw. erst nach Erteilung des Grand Écossais erfolgte, kann aus den Regularien des Systems sowie dem im Dokument angegebenen Alter Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dycks geschlossen werden. Er war bei Erteilung 37 Jahre alt. Die auf dem Umschlag angegebene Datierung auf das Jahr 1800 ist somit nicht korrekt.

[7] Urkunde zur Rangerhöhung des Freimaurer-Ordens für Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, Paris, 11.03.5812 [= 11. Mai 1812]. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 49/6. Vgl. auch Sachse: Als in Dyck Kakteen blühten (wie Anm. 4), 146f.

[8] Bibliothèque Nationale de France, FM2 533, Loges Aix-la-Chapelle, Dossier Aix-la-Chapelle, Loge de la Concorde, fol. 53-59.

[9] Vgl. zur Einführung des "Schottisch Philosophischen Ritus" durch Salm-Reifferscheidt-Dyck in Aachen und Köln die Anmerkung bei August Pauls: Festschrift zum 125. Stiftungsfeste der Johannisloge "Zur Beständigkeit und Eintracht" im O∴ von Aachen, Aachen 1903, 68f.; Hermann Weiland: Chronik der vereinigten Johannisloge Minerva zum vaterländischen Verein und Rhenana zur Humanität im Or. Köln 1852–1902, Aachen 1902, 5.

[10] Claude Antoine Thory veröffentlichte im Jahr 1819 eine botanische Studie zu einer neuen Rosenart, die er nach dem auch Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck verbundenen Botaniker Auguste-Pyram de Candolle benannte. Zu den naturwissenschaftlichen Betätigungen des Comte de Lacépède siehe u.a. Jean-Luc Chappey: La Société des Observateurs de l'homme (1799–1804): Des anthropologues au temps de Bonaparte, Thèse de doctorat, Paris 2002.

[11] Ein letzter Brief einer Freimaurerloge an Fürst Joseph datiert auf den 18. August 1846. Vgl. hierzu: Brief der Freimaurerloge St. Johannis, Mönchengladbach, 18. August 1846. In: Archiv Schloss Dyck, Bestand Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck – Kart. 30/34.

[12] Zur Krise der preußischen Freimaurerei in der Zeit von etwa 1820 bis 1840 vgl. Stefan-Ludwig Hoffmann: Die Politik der Geselligkeit – Freimaurerlogen in der deutschen Bürgergesellschaft 1840-1918 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 141), Phil. Diss., Göttingen 2000, 50-54.

[13] GStA PK, FM 5.2.A2, Nr. 85, Zur Beständigkeit und Eintracht, Aachen, Protokollbuch, 1819-1822, 122 avers.

[14] Siehe hierzu die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz verwahrten Logenmatrikel, die bis in das Jahr 1862 ausgewertet wurden: GStA PK, FM 5.2.A2, Logenmatrikel Aachen, Nr. 26/1; sowie 26/2.

[15] GStA PK, FM 5.2.A2, Logenmatrikel Aachen, Nr. 26/1; sowie 26/2.

Empfohlene Zitierweise
Martin Otto Braun, Mitgliedschaft in einer Freimaurer-Loge, aus: Martin Otto Braun, Elisabeth Schläwe, Florian Schönfuß (Hg.), Netzbiographie – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861), in: mapublishing, 2014, Seitentitel: Freimaurerei (Datum des letzten Besuchs).